Vera Sous stellt im Forum für Kunst und Kultur in Herzogenrath aus.

Von Dirk Tölke

Mit einem Hauch von Karibik um 1800 treten einem die Objekte der Aachener Künstlerin Vera Sous (*1963) entgegen, die der Vergänglichkeit eine ungewöhnliche Lebendigkeit verleihen und anders über Tot werden und Tot sein sinnieren lassen.

Halb Hochkulturarchaik, halb Voodoo verleiht eine Reihe von genial reduzierten Büsten und Büstenwesen dem großen Ausstellungsraum einen sakralen Flair. In altrosa Lebendigkeit, mit dem scheinbar wissenden Schmunzeln von Verschiedenen starren sie milde von der Wand herunter.

Totenmasken, die noch teilhaben am Leben und nicht verzagter Trauer sondern verbliebener Würde den Kopf hinhalten. Die kopflosen Leibfragmente, die sich anderweitig über Stühle legen oder auf Sockeln versammeln und die gleiche Anmutung von ledrigen Panzern haben, bekommen ihre widerstandswillige Lebendigkeit aus den Knittrigkeiten der aus Baumwolle, Hanf, Leim und Acrylfarbe erwirkten Schalenoberflächen.

Ohne die Sensationsästhetisierung von Gunther von Hagens „Körperwelten“ vermitteln diese einem Präparat ähnlich nahe stehenden Objekte abgeklärte und aufgeklärte Distanz aus dem Gestaltungsblickwinkel der Wissenschaftsneugier des 18. Jahrhunderts, die sich durch konservierte Fundstücke der Wirklichkeit nähern wollte.

Die Erinnerung an Schiffskabinen, die zu Forschungsstuben und Kleinmuseen wurden, wirkt im Evolutionsforscher nach, der sich zwischen Ermattung, Tropenkrankheitstod und Selbstmord inmitten verfertigter Illustrationen über seinen Schreibtisch beugt. Die Karibik-Tropik wieder fördert die Kalaschnikow an der Wand in die Gegenwart, von der auch abstürzende Hubschrauber und Bohrtürmchen in Uhrenglasvitrinen künden.

Morbidität verleihen all dem die grünspanigen Kupferplatten, die modern genietet zu Gegenwart und optisch zur Historizität dieser Zeitgeistpräparate hinführen. Solche Platten begleiten als Triptychons-Ironie auch seitlich die Landschaftsbilder, die mit ihrem Tropenimage als verlorene Welten daherkommen, über die ein farbverschiebender Flor der Zeit hinweggezogen ist und die so nicht mehr als romantische Landschaft, sondern in einfühlender Distanz als Bild aus einer anderen Zeit daherkommen.

Das macht auch der einheitliche Umgang mit der Materialität und Farbigkeit der Werke, die mit ihrer humboldtisierten Atmo notwendig Aufmerksamkeit und Verweildauer erheischen.

(erschienen im Klenkes, Ausgabe Februar 2013)